Vorwort des Herausgebers
Nutriologische Medizin von Melvyn R. Werbach, Natura Viva (März 2005)
Gebundene Ausgabe - 1093 Seiten - Natura Viva
Erscheinungsdatum: März 2005
ISBN: 3935407114
EUR 128,00
Diese deutsche Übersetzung des im englischen Sprachraum weit verbreiteten
Werkes von Melvyn R. Werbach wurde lange erwartet und erscheint jetzt in
einer für die nutriologische Verhütung und Behandlung von Krankheiten
zunehmend besser werdenden Zeit.
Einige deutschsprachige Bücher, wie das von Lothar Burgerstein und die
Übersetzung von Linus Pauling, haben weite Verbreitung gefunden.
Entsprechend gibt es viele Menschen, die sich besser ernähren und im Fall
der Erkrankung orthomolekulare Behandlung bei einem Arzt suchen. Die Zahl
der interessierten Ärzte und Heilpraktiker ist ebenfalls größer geworden,
wächst ständig weiter, und man findet schon seit längerem solide
professionelle deutschsprachige Informationen im Journal für Orthomolekulare
Medizin, im Handbuch der Orthomolekularen Medizin und weiteren Monographien
von Dietl und Ohlenschläger, in dem Buch über Klinische Ökologie von Runow
et.al. und in einer Reihe von sehr guten aus dem Englischen übersetzten
Texten. Und inzwischen attestieren auch die ersten Bücher, die der
traditionellen Schulmedizin zuzurechnen sind wie das Vitamin-Lexikon von
Bässler, Golly u. Löw der nutriologischen Behandlung ihre beachtlichen
Erfolge.
Dieses Buch kann viel dazu beitragen, klarzustellen, daß die nutriologische
Medizin zur Schulmedizin gehört und nicht das Produkt von Außenseitern ist.
Da dieser Nachweis, ein zentrales Anliegen von Melvyn R. Werbach, für die
weitere Verbreitung und Anerkennung nutriologischer Therapien im deutschen
Sprachraum von großer Bedeutung ist, soll das hier etwas weiter ausgeführt
werden.
Wie Tabelle 1 zeigt, hat Werbach die größten Anteile der von ihm
herangezogenen Artikel in den bekanntesten der anerkannten medizinischen
Zeitschriften gefunden.
Tabelle 1: Zeitschriften nach Häufigkeit der Funde
American Journal of Clinical Nutrition 427
Lancet 312
New England Journal of Medicine 146
Journal of the American Medical Assoociation 137
British Medical Journal 126
Journal of the American College of Nutrition 092
American Journal of Psychiatry 057
Journal of Nutrition 052
Journal of Orthomolecular Psychiatry / Medicine 052
Annals of Allergy 050
Medical Hypotheses 048
Biological Psychiatry 041
Annals of the New York Academy of Sciences 038
International Clinical Nutrition Review 038
Federation Proceedings 037
International J. of Vitamin and Nutrition Research 034
Gut 033
Nutrition Research 033
Der weit überwiegende Anteil der insgesamt 5623 Zeitschriftenartikel und 255
Bücher bzw. Monographien, deren Inhalte Werbach in kurzen kompetenten
Feststellungen zu 549 einzelnen oder kombinierten nutriologischen Maßnahmen
in 2022 Anwendungen bei mehr als 100 Krankheiten präsentiert, steht auch in
deutschen Bibliotheken zur Verfügung. Von den 100 der insgesamt 1222
Zeitschriften, aus denen Werbach mehr als 10mal einen Artikel herangezogen
hat, fehlt nur eine in der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin in Köln,
von den 196 mehr als 5mal herangezogenen Zeitschriften fehlen da gerade 4
(vergleiche die Signaturen im Register V), und auch von den restlichen
Quellen dieses Buches gehören die allermeisten zum Bestand unserer
medizinischen Bibliotheken. So lassen sich alle Feststellungen in diesem
Buch ohne größere Umstände an ihren Quellen überprüfen und ergänzen.
Die Tabelle 2 vermittelt einen Eindruck von der experimentellen Qualität der
Referate.
Mit 16% durch Crossover, doppelblind oder blind kontrollierten und 22%
kontrollierten bzw. 56% experimentellen Untersuchungen ergibt sich ein
ansehnlicher experimenteller Standard der Referate. Der Anteil statistisch
gesicherter Ergebnisse beträgt 93%. In 7% der Untersuchungen konnte der
positive Effekt statistisch nicht mit der geforderten
Irrtumswahrscheinlichkeit von p <0.05 oder p <0.01 gesichert werden. Das
Gegenteil, nämlich kein positiver Effekt, ist damit natürlich noch viel
weniger gesichert.
Ein dritter Gesichtspunkt für die Einschätzung der
Schulmedizin-Außenseiterkontroverse in Bezug auf dieses Buch ist die Frage,
wer hinter seinem Inhalt steht. Obwohl Melvyn R. Werbach natürlich alle
Inhalte ausgewählt, zusammengefaßt und geordnet hat, kann man den Inhalt
nicht nur an diesem einen Gelehrten bewerten. Dieses Buch ist ein
nutriologisches
Tabelle 2: 6146 Zitate nach ihrer Klassifikation
experimentell, doppelblind, Crossover 4.5%
experimentell, doppelblind 9.8%
experimentell, blind 1.6%
Zwischensumme 15.9%
experimentell, kontrolliert 6.1%
experimentell 26.0%
tierexperimentell 8.4%
Zwischensumme 40.5%
beobachtende Untersuchungen 26.0%
klinische Beobachtungen 2.0%
Fallberichte 4.2%
Zwischensumme 32.2%
Übersichtsreferate 9.6%
theoretische Betrachtungen 1.8%
Zwischensumme 11.4%
insgesamt 100%
Mosaik hinter dessen einzelnen Teilen jeweils einer, einige oder viele der
insgesamt 5617 im Autorenregister aufgeführten Wissenschaftler steht bzw.
stehen, die übrigens in der weit überwiegenden Mehrheit Angehörige einer
medizinischen Hochschule sind. Natürlich wäre denkbar, daß Werbachs Buch
dennoch einen systematischen Fehler habe, wenn der Autor etwa die Befunde
der zitierten Wissenschaftler positiv übertrieben hätte. Wer das aber anhand
der Originalarbeiten überprüfen wollte, würde bald feststellen, daß Melvyn
R. Werbach sich in dieser wie auch in jeder anderen Hinsicht als sehr
professionell und deutlich darum bemüht erweist, die therapeutischen
Ergebnisse nicht positiv zu färben.
In Bezug auf die vierte Frage schließlich nach der Zugehörigkeit der Inhalte
dieses Buches zum Stoff der Schulmedizin ist für die Krankheiten, nach denen
das Buch alphabetisch in Kapitel geordnet ist, völlig klar, daß sie zum
Stoff der ärztlichen Aus-, Weiter- und Fortbildung gehören, den die
Fachvertreter der verschiedenen klinischen Disziplinen umfassend zu lehren
verpflichtet sind. Auch die nutriologischen Maßnahmen, nach denen die
Kapitel selbst systematisch geordnet sind, gehören zum schulmedizinischen
Stoff, wenngleich an den Hochschulen diätetische Maßnahmen bei den meisten
Krankheiten nicht oder nur am Rande erwähnt werden, und die verschiedenen
Nutrienten mehr im vorklinischen Stoff der physiologischen Chemie und
weniger im klinischen Unterricht referiert werden. Während somit vollkommen
klar ist, daß die nutriologische Medizin der Sache nach zum Stoff der
Schulmedizin gehört, ist nicht zu übersehen, daß sie an den Hochschulen
nicht gelehrt wird. Auf die fatalen Folgen dieses Versäumnisses wurde an
anderer Stelle schon hingewiesen. Im Detail ergeben sie sich aus dem Studium
des vorliegenden Werkes.
Die hier vorliegende Ausgabe umfaßt alle von Werbach in der zweiten Auflage
getrennt im psychiatrischen und allgemeinen Teil publizierten Kapitel in
ihrer zur Zeit aktuellsten Form in einem Band. Darüber hinaus wurde eine
größere Anzahl von Abschnitten aus seinem zwischen den Auflagen zur
Übersetzung übergebenen Manuskript erhalten, die von ihm im Interesse der
Kürzung gestrichen oder, wie die Phytopharmaka, zusammen mit Murray 1994
getrennt publiziert wurden. Die Kapitel in Teil II hat Werbach 1997 in einem
eigenen Band aktualisiert.
Nachdem zwei Drittel der in diesem Buch referierten Arbeiten aus den Jahren
1981-90, ein Fünftel aus 1971-80 und ein Zehntel aus 1930-60 stammen aber
nur ein Fünfundzwanzigstel nach 1990 publiziert wurden, stellt sich
natürlich die Frage nach der Aktualität und Verläßlicheit seines Inhalts.
Diese Frage kann man von zwei Seiten aus betrachten. Es gibt inzwischen, vor
allem in englischer Sprache, viele neuere nutriologische Arbeiten, die zu
betrachten sind. Sie finden sich teilweise übersetzt oder referiert in den
bereits erwähnten jüngeren deutschen Publikationen. Englische Abstrakts der
nutriologischen Arbeiten in wissenschaftlichen Zeitschriften finden sich zum
Teil via Computer in der bekannten MEDLINE des National Library of Medicine
in den Bibliotheken und vollständiger in speziellen nutriologischen
Publikationen (Clinical Pearls, Bland und Werbach), die in Register V
aufgeführt sind. Gediegene Vorstellungen vom Gegenwärtigen Stand der
Nutriologie finden sich seit 1990 im Journal of Nutritional (and
Environmental) Medicine, seit 1993 im Journal für Orthomolekulare Medizin
und seit 1996 im Alternative Medicine Review. Man darf davon ausgehen, daß
in der neueren Literatur die in diesem Buch referierten Erkenntnisse im
wesentlichen konsolidiert und erweitert, aber so gut wie nicht widerlegt
werden. Von der zweiten Seite der Betrachtung aus gesehen erscheint das Buch
dagegen sehr aktuell, denn bisher wird nur sehr wenig von den gesicherten
nutriologischen Erkenntnissen in Kliniken und Krankenhäusern und in der
ärztlichen Praxis verwirklicht.
Das Gros der Referate in diesem Buch befaßt sich mit einzelnen Maßnahmen,
und nach den Einzelergebnissen sind bei Behandlung der einzelnen Krankheiten
und noch mehr kombinierter Erkrankungen viele dieser Maßnahmen in Betracht
zu ziehen. Da eine Kombination der im einzelnen erfolgreichen Maßnahmen
einerseits wünschenswert, ihr konkretes Ergebnis andererseits aber nicht
theoretisch vorausbestimmt sondern nur praktisch erprobt werden kann,
verdienen die Seminare von Wright und Gaby hier einen besonderen Hinweis
weil dort umfangreiche Erfahrungen mit kombinierten Therapien in der
ärztlichen Praxis präzisiert und besprochen werden. Das Institut für
Ausbildungsforschung wird auch bei uns Erfahrungen mit kombinierten
Therapien in nutriologischen Seminaren referieren und in Arbeitsgruppen
koordinieren. Dieses Buch wird einen wesentlichen Beitrag dazu leisten mit
der wissenschaftlichen Begründung der nutriologischen Therapien auch ihre
Vergütung durch die Krankenkassen durchzusetzen. Auch für diese Arbeit sind
Arbeitsgruppen geplant.
Um dieses Buch für seinen wesentlichen Zweck als Nachschlagewerk besser
auszurüsten, wurde die deutsche Übersetzung gründlich bearbeitet. Vor allem
wurden alle in diesem Buch referierten therapeutischen Maßnahmen
systematisch geordnet und die einzelnen Abschnitte der Kapitel von Teil I
und II in diese Ordnung eingefügt. Kombinationen von Maßnahmen wurden dabei
jeweils nach der letzten Einzelmaßnahme eingeordnet. Jedem Kapitel wurde
eine Systematik als Inhaltsverzeichnis vorangestellt, dem Buch die
Systematik als Ganzes und dieser zur raschen Orientierung eine zweiseitige
Übersicht. Das Prinzip, dem Benutzer den Inhalt eines Kapitels jeweils in
einer Komplettübersicht anzubieten, wurde im ganzen Buch durchgehalten. Auf
einer Diskette (über den Verlag bei Interesse erhältlich) sind sämtliche
Systematiken mit Codes für ihre numerische Ordnung hinterlegt worden;
dadurch wird eine Synopsebildung möglich, welche die therapeutische
Übersicht bei Patienten mit verschiedenen, in diesem Buch aufgeführten
Krankheiten wesentlich erleichtert.
Außer diesen dem Buch und den Kapiteln vorangestellten Inhaltsverzeichnissen
wurden dem Buch fünf Register beigefügt. Das Autorenregister, ein Register
der Symptome, Syndrome und Krankheiten, ein eigenes Register für Teil II,
die allgemeinen Grundlagen der Behandlung (ohne die im vorhergehenden
Register mitaufgeführten Symptome und Syndrome), und ein Register für die
speziellen nutriologischen Maßnahmen. Damit hat der Benutzer von allen
denkbaren Gesichtspunkten her einen unmittelbaren Zugang zum gesamten Inhalt
dieses Werkes ohne lange zu suchen und zu blättern.
Dabei kann ihm besonders das ausklappbare Kapitelverzeichnis am Ende des
Buches und die Tatsache helfen, daß die Seitenzahlen der hundert Kapitel des
Hauptteils mit der zweistelligen Kapitelnummer beginnen. Man kann damit an
den ersten beiden Stellen der Seitenzahlen in den Registern in Verbindung
mit dem ausgeklappten Kapitelverzeichnis schon erkennen, bei welchen
Krankheiten eine Maßnahme oder ein Symptom referiert wird. Ähnliches gilt
auch für das Register zu Teil II, in dem sich das Kapitelverzeichnis in den
Fußnoten findet. Die Kapitelnummern und Seitenzahlen der sieben Kapitel von
Teil II beginnen mit einem mnemotechnisch gewählten Buchstaben. An den
entsprechenden Seitenangaben im dazu gehörenden Register kann man daher
wieder ohne zu Blättern erkennen, ob sich ein Eintrag auf
Laboruntersuchungen, Gefahren oder Richtlinien der Supplementierung oder ein
anderes der sieben Kapitel bezieht.
Teil V der Register führt die wichtigsten Signaturen der Deutschen
Zentralibliothek für Medizin in Köln (ZBMed), eine Auswahl weiterer
aktueller Informations- und Bezugsquellen und die zu diesem Vorwort
gehörenden Literaturangaben. Die Signaturen vereinfachen die Bestellung der
in diesem Buch referierten Originalarbeiten (In [Klammern] aufgeführte Titel
sind im Original nicht auf englisch erschienen, und es ist nur teilweise
erwähnt, in welcher Sprache der zitierte Artikel erschien.). Die aktuellen
Informationsquellen enthalten die Anschriften von Arbeitskreisen, die zum
Teil hier schon erwähnte deutschsprachige Literatur zum Thema und Hinweise
auf die aktuellsten englischsprachigen Quellen der nutriologischen Medizin.
Die Anschriften der Bezugsquellen führen zu Angeboten, die die Realisierung
nutriologischer Behandlungen sehr erleichtern werden.
Nachdem die Begriffe nutriologische Medizin und Nutrienten vor dem
Erscheinen der psychiatrischen Ausgabe dieses Handbuchs (in dieser Ausgabe
ist der psychiatrische Teil enthalten) in der deutschen Sprache nicht
verwendet wurden, seien hier einige Bemerkungen zur Terminologie und zur
Wahl des Titels angebracht.
Bei der Übersetzung des Buches von Werbach entstanden sehr bald
terminologische Probleme, weil in den deutschen medizinischen Wörterbüchern
(Pschyrembel 1990, Thiele 1991) für viele wesentliche englische Fachwörter
die entsprechenden Termini fehlten. Auch die im Wörterbuch der
Ernährungswissenschaft von Leitzmann et al. (1988) angegebenen Übersetzungen
für die vielen aus dem lateinischen nutrire (ernähren) abgeleiteten
englischen Begriffe wie nutrient, nutrition und nutritional ergaben
Probleme. So führt die Übersetzung des englischen Nutrients mit "Nährstoffe"
als Oberbegriff für die Vitamine, Mineralien, Aminosäuren usw. zu einem
unbefriedigenden Ergebnis, weil in der deutschen Ernährungsphysiologie mit
dem Begriff "Nährstoffe" vorwiegend die Energielieferanten, Kohlenhydrate,
Fette und Eiweiß angesprochen sind, der "Baustoffwechsel" mit den
Aminosäuren, Fettsäuren, Vitaminen, Salzen und Spurenelementen aber nur
"daneben" (vgl. Thews et al. 1988). Außerdem ist die Nomenklatur in den
einschlägigen Lehr- und Wörterbüchern an diesem Punkt nicht einheitlich
Nährstoffe (wie bei Thiele 1988, Leitzmann et al. 1988, Burgerstein 1984)
sondern auch von Nahrungsstoffen (Pschyrembel 1990) Nahrungsinhaltsstoffen
(Huth et al. 1986). essentiellen Nahrungsbestandteilen (Welzl 1985),
Vitalstoffen (Kasper 1991) und orthomolekularen Substanzen (Dietl et al.
1984) ist die Rede.
Nach einer vergleichenden Analyse aller in diesen Zusammenhang gehörenden
Begriffe in den deutschen Wörterbüchern mit denen im führenden englischen
medizinischen Wörterbuch (Dorland's 1988, Kapuste 1992) und nach Rücksprache
mit den Herausgebern der genannten deutschen Wörterbücher und einem
Professor der Romanistik ergab sich als beste Lösung, den Sprachgebrauch der
angloamerikanischen Ernährungsmediziner zu übernehmen und das bei Thiele
angeführte Wort "Nutrientia" einzudeutschen und damit "orthomolekulare
Substanzen" bzw. "chemisch definierte Nährstoffe" Nutrienten zu nennen.
Damit bleibt der in der traditionellen Ernährungsmedizin verwendete Begriff
Nährstoff für Eiweiß, Kohlenhydrate, Fette und andere Stoffgruppen erhalten,
und wir müssen nicht, wie manchmal im Englischen, zwischen Makro- und
Mikronutrienten unterscheiden.
Ähnlich war es mit Leitzmanns Übersetzung für nutritional (alimentär,
ernährungsphysiologisch). Schon der Titel Nutritional Influences on Illness
war damit nicht zufriedenstellend zu übersetzen, weil die Verschreibung von
Vitaminen, Mineralien usw. schwerlich unter den Begriff "alimentärer" oder
"ernährungsphysiologischer Einflüsse" zu bringen ist. Nutritional Medicine
kommt bei Leitzmann et al. nicht vor, wohl aber Nutritional Science mit der
Übersetzung "Ernährungswissenschaft". Nach diesem Vorbild Nutritional
Medicine mit "Ernährungsmedizin" zu übersetzen, schloß sich aus, weil die
oben genannten aktuellen deutschen Bücher über Ernährungsmedizin (Kasper
1991), Emährungstherapie (Huth et al. 1986) und Biochemie der Ernährung (Welzl
1985) den gesamten Bereich der Orthomolekularmedizin und klinischen Ökologie
ignorieren. Leitzmann's Definition von Ernährungswissenschaft (englische
Übersetzung "nutriology, nutritional science") schließt die
Orthomolekularmedizin zwar nicht eindeutig aus, aber das im Wörterbuch der
Ernährungswissenschaft dargebotene Vokabular ist weder für die Darstellung
der Orthomolekularmedizin, noch für die Beschreibung der in der klinischen
Ökologie zur Behandlung von Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten üblichen
Verfahren der spezifischen Prophylaxe mittels Enzympotenzierter
Desensibilisierung (EPD) oder der Neutralisation (BSAENM 1994) ausreichend.
Selbst der weit verbreitete Begriff Naturkost bzw. "health food", der in
beiden Disziplinen eine wesentliche Rolle spielt, fehlt ebenso wie viele
Begriffe, die notwendig sind, um zu sagen, welche Lebensmittelzusatzstoffe
oder andere Methoden der Nahrungsmittel-Adulteration überempfindliche Kranke
vermeiden sollen. Daher ist zur Zeit in der deutschen Sprache weder unter
dem Begriff "Ernährungswissenschaft", noch unter "Ernährungsmedizin" der
begriffliche Raum für die sprachliche Darstellung der Orthomolekularmedizin
und der klinischen Ökologie zu finden.
Naheliegend wäre daher wieder die oben gewählte Lösung, Nutritional als
Fremdwort ins Deutsche zu übernehmen und Nutritionale Medizin umfassend zu
definieren. Zwar sind bei Thiele die Begriffe Nutritio mit "Ernährung" und
nutritionell mit "ernährungsbedingt" schon einschränkend definiert, das sind
sie aber auch nach Dorland's im Englischen.
Wie der komplizierte Name der beiden vereinten Britischen Gesellschaften (BSAENM)
zeigt, gibt es aber auch im Englischen noch nicht gelöste terminologische
Probleme für die moderne Ernährungsmedizin, die die Orthomolekularmedizin
und klinische Ökologie, bzw. Umweltmedizin integriert. Der seinerzeit von
William Philpot (1977) eingebrachte Vorschlag, die Kombination von
Orthomolekularmedizin und klinischer Ökologie Bioökologie zu nennen, hat
sich nicht durchgesetzt, und viele bekannte amerikanische Ärzte, die im
besten Sinne orthomolekulare Medizin in Kombination mit den Erkenntnissen
der klinischen Ökologie praktizieren, wie Wright und Gaby, nennen ihre
Medizin nutritional. Diesen Begriff allerdings wollen die ursprünglichen
klinischen Ökologen nicht übernehmen, viel weniger noch die traditionellen
Allergologen.
In einer Welt, in der die moderne Veränderung der Nahrung des Menschen und
die hohe Belastung seiner Umwelt mit Giftstoffen für die meisten chronischen
Krankheiten und die Mehrzahl der Todesursachen verantwortlich gemacht werden
muß, birgt jede begriffliche Unklarheit reale Gefahren. Hier sind ja nicht
nur Ärzte betroffen, sondern sehr viele Menschen und Berufsgruppen, die auf
Nahrung und Umwelt einerseits und Gesundheit und Krankheit andererseits
einen Einfluß haben. Deshalb ist eine Terminologie vonnöten, in der
Patienten gegenüber klar gesagt werden kann, was bestimmte professionelle
Gruppen - Ärzte, Apotheker, Heilpraktiker, Ökotrophologen, Ernährungsberater
und Umweltberater - mit welchen Mitteln für sie tun können und auch tun
dürfen, ohne mit den Gesetzen in Konflikt zu geraten. Eine solche
Terminologie muß hier nicht im einzelnen besprochen werden (Kapuste 1992,
1993). Wenn Leitzmann die Ernährungswissenschaft restriktiv definiert, indem
er die Behandlung von Krankheiten durch die pharmakologische Anwendung von
Vitaminen nicht dazu rechnet, hat das seinen Sinn im Lebensmittelgesetz,
nach dem dann die von ihm ausgebildeten Ökotrophologen ihre
Ernährungswissenschaft auch ohne Approbation praktizieren können. Daher kann
und soll die von Heilpraktikern oder Ärzten praktizierte Behandlung von
Krankheiten mit Nahrung, Nutrienten, spezifischer Prophylaxe und
gegebenenfalls anderen Medikamenten anders heißen.
Aus diesen Gründen wird hier die moderne Ernährungsmedizin, die alle neueren
wissenschaftlichen Entwicklungen in der Schulmedizin, Orthomolekularmedizin,
klinischen Ökologie und Umweltmedizin beachtet, nutriologische Medizin
genannt. Der moderne englische Begriff Nutritional Medicine wird also mit "nutriologische
Medizin" übersetzt. Das hat gegenüber den Adjektiven orthomolekular und
nutritional den Vorteil, daß sich dazu leicht die passenden Substantive
Nutriologe und Nutriologie bilden lassen.
In Nähe der terminologischen Differenzierung zwischen der
Ernährungswissenschaft und der nutriologischen Medizin liegt das große
Problem der gesetzlichen Behinderung der Vermittlung von nutriologischen
Informationen und Heilmitteln an Menschen, die ihrer im Interesse der
Vermeidung oder Behandlung von Krankheiten bedürfen. Solange die meisten
nutriologischen Supplemente nur als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen
sind, darf der Hersteller keine Hinweise darauf geben, welche Krankheiten
damit behandelt werden könen. Amerikanische Supplemente, die besten und
billigsten auf dem Weltmarkt, dürfen in Deutschland nicht gelagert und
beworben werden. Weil die Zulassung in Deutschland prohibitiv teuer ist,
kann das nutriologische Feld nicht mit deutschen Fertigarzneimitteln
abgedeckt werden. Die Verschreibung zur Herstellung in der Apotheke wird
durch die Bindung des Apothekers an die Arzneitaxe überteuert. Darüber
hinaus lehnen die Krankenkassen die Vergütung nutriologischer Supplemente in
der Regel ab, weil ihre unzureichend informierten Gutachter deren
Heilwirkung bestreiten und Nahrungsergänzungsmittel an sich nicht vergütet
werden müssen. In dieser Situation müssen nutriologisch arbeitende Ärzte,
die wegen ihres größeren Beratungsaufwands und der allgemein unzureichenden
Bezahlung ärztlicher Beratungen ohnedies an der Rentabilitätsgrenze
arbeiten, einen unzumutbaren Schriftwechsel mit den Kassen fürchten, wenn
sie sich da durchsetzen wollten.
So hat ein unglückliches Zusammenspiel von Gesetzen, die jedes für sich die
menschliche Gesundheit oder ein anderes wesentliches Rechtsgut schützen
sollten, dazu geführt, daß die wichtigsten nutriologischen Heilmittel auf
dem deutschen Markt nicht fertig zu haben sind und niemand konkret darüber
informieren darf, welche davon er aus dem Ausland beschaffen kann. Die
fehlgelenkten Krankenkassen bezahlen teure Medikamente, die den menschlichen
Stoffwechsel auf raffinierte Weise beeinträchtigen, viel weniger teure
Nutrienten aber, die ihn auf die natürliche Weise wieder in Ordnung bringen
und halten, gerade nicht. Das Fehlen einer am Rechtsgut der Gesundheit
empirisch orientierten Erfolgskontrolle unserer Gesetzgebung hat so dazu
geführt, daß heute Millionen von Menschen chronische Krankheiten oder einen
frühen Tod erleiden, obwohl es dagegen wirksame Mittel gibt.
Das alles erinnert an die schlechten Resultate von Planwirtschaften im
früheren Ostblock und sollte eine angemessene Diskussion darüber eröffnen,
inwieweit der in weiten Bereichen planwirtschaftliche Charakter unseres
Gesundheitswesens noch der Gesundheit dient. Die Chancen dieser Diskussion
sind angesichts des Führungswechsels in Deutschland und der kontinuierlichen
Annäherung innenpolitischer Regelungen in Europa gerade nicht schlecht,
insbesondere, wenn mit den angestrebten Änderungen im Gesundheitswesen
größere Kosteneinsparungen zu erwarten sind.
Dieses Buch bietet eine solide Grundlage für Einsparungen an Kosten für
unnötige Krankheiten und zu teure Medikamente. Es geht um den
Paradigmenwechsel in der Schulmedizin, der von zwei hervorragenden
Wissenschaftlern, Roger Williams und Linus Pauling, schon vor mehr als 25
Jahren gefordert wurde: um eine Verschiebung des Schwergewichts der
Behandlung von der Störung natürlicher Mechanismen mit nichtnatürlichen
Chemikalien hin zur Unterstützung der Natur mit ihren natürlichen Mitteln.
Der Weg zu diesem Ziel führt über die Verschreibung von Nutrienten durch den
Arzt, deren Vergütung durch die Krankenkassen und die Zulassung aller
benötigten Kombinationen von Nutrienten als Arzneimittel. Da Nutrienten
patentrechtlich nicht geschützt werden können und damit der finanzielle
Anreiz für Hersteller fehlt, sie als Arzneimittel anzumelden, müssen
gesetzliche Regelungen gefunden werden, die bewirken, daß orthomolekulare
Heilmittel, wenn sie besser sind als xenobiotische Medikamente, sich auf dem
Markt der Arzneimittel auch durchsetzen können. Dafür spricht der
prinzipielle Unterschied zwischen Nutrienten, normalen biochemischen
Werkzeugen des menschlichen Stoffwechsels, und patentierten Medikamenten,
die xenobiotisch sind, d.h. dem Stoffwechsel fremd. Wenn wir nicht hinnehmen
wollen, daß sich schlechtere Arzneimittel in unserem Gesundheitswesen vor
allem deshalb gegen bessere halten, weil sie teurer sind, müssen wir dafür
sorgen, daß die Gesetze und Entscheidungen, die das bewirken, revidiert
werden.
Das gleiche gilt ceteris paribus auch für nutriologische im Vergleich zu
anderen ärztlichen Maßnahmen, die sich halten, weil Äzte daran viel mehr
verdienen. Wie schon GB Shaw in seinem Vorwort zu Der Arzt am Scheidewege um
die Jahrhundertwende ausgeführt hat, ist es verfehlt, finanziell besonders
relevante therapeutische Entscheidungen den Ärzten allein zu überlassen. Im
Vorwort zum psychiatrischen Teil dieses Werkes wurde schon ausgeführt, wie
die Beteiligung engagierter Laien an der medizinischen Forschung und
Verbreitung optimaler Therapien denkbar große Einsparungen und Fortschritte
im Gesundheitswesen mit sich bringen könnte.
Wegen der günstigeren Bedingungen in den Niederlanden haben sich inzwischen
die meisten Hersteller von nutriologischen Supplementen dorthin
zurückgezogen und informieren von dort über ein reiches Angebot an
Supplementen. Es ist zu wünschen, daß sich die heute von verschiedenen
Gruppen getragenen Initiativen auf dem Gebiet der nutriologischen Medizin
zusammentun, um gemeinsam für sich und das Ganze mehr zu erreichen, als im
Wettbewerb gegeneinander möglich ist (vergleiche Register V).
Last not least ist dem Verleger Joachim Graff für den Mut zu danken, das
große Risiko der Übersetzung von Werbach's Nutritional Influences on Illness
zu übernehmen und trotz vieler Schwierigkeiten bis zur Fertigstellung auch
durchzuhalten. Wenngleich der ideelle Wert dieses Werkes seinen hohen
Einsatz rechtfertigt, ist ihm zu wünschen, daß es letztendlich auch viele
Leser findet.
München im Januar 1999 Dr. Hannes Kapuste
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